Krankenhaus 2030: Transformation zwischen Chance und Risiko

Bis 2030 wird sich die Kliniklandschaft grundlegend verändern. Neue Gesetze, strengere Vorgaben und der Transformationsfonds sollen Qualität, Struktur und Wirtschaftlichkeit vereinen – doch in der Praxis stoßen viele Häuser auf Unsicherheiten und hohe Risiken. Wie gelingt es, trotz komplexer Rahmenbedingungen zukunftsfähig zu bleiben? Darüber setzen sich Tilmann Götzner und Dr. Matthias Wokittel im Gespräch kritisch auseinander.

Warum empfinden viele Häuser die Umsetzung des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) und des Transformationsfonds als problematisch?

Tilmann Götzner: Das KHVVG setzt auf dem Papier klare Leitlinien: Qualität, Struktur und Wirtschaftlichkeit sollen zwingend verbunden werden. Doch die Vorgaben sind in der Praxis oft schwer interpretierbar. Leistungsgruppen, bundeseinheitliche Strukturkriterien und der Transformationsfonds wirken klar, doch die Umsetzung hängt stark von der Interpretation durch Länderbehörden ab. Kliniken stehen vor der Aufgabe, Fördermittel nach teils widersprüchlichen oder verzögerten Richtlinien zu beantragen – ein erhebliches Risiko für jede Investition.

Wie wirkt sich diese politische Unsicherheit konkret auf die Häuser aus?

Dr. Matthias Wokittel: Sie wirkt massiv. Viele Kliniken arbeiten am Limit, der Fachkräftemangel verschärft jede Entscheidung, der administrative Aufwand steigt durch neue Prüf- und Dokumentationspflichten. Kliniken sollen gleichzeitig strategische Transformation betreiben, ihre Infrastruktur anpassen und Investitionen planen – oft ohne verlässliche politische Orientierung. Bund und Länder müssen hier ihre Verantwortung stärker wahrnehmen. Sonst wird Transformation schnell zu einer bürokratischen Last statt einer Chance.

Interdisziplinäre Beratung wird häufig als Schlüssel genannt. Hilft das wirklich unter den aktuellen Bedingungen?

Dr. Matthias Wokittel: Beratung ist wichtig, um medizinische, pflegerische, bauliche und digitale Aspekte zu verzahnen. Aber sie ersetzt keine klaren politischen Rahmenbedingungen. Uneinheitliche Förderkriterien, verzögerte Entscheidungen und wechselnde Anforderungen zwischen Bundes- und Landesebene schaffen ein strukturelles Risiko. Kliniken können methodisch alles richtig machen, und trotzdem scheitert die Umsetzung an fehlender politischer Konsistenz.

Welche Probleme treten konkret beim Transformationsfonds auf?

Tilmann Götzner: Formal verlangt der Fonds, dass medizinische Notwendigkeit, strukturelle Einbettung und wirtschaftliche Tragfähigkeit stringent verbunden werden. In der Praxis fehlen jedoch klare Definitionen, Entscheidungen kommen verzögert, und die Nachweispflichten sind hochkomplex. Kliniken tragen damit ein erhebliches Risiko, selbst wenn sie die Vorgaben methodisch sauber erfüllen.

Welche Konsequenzen hat das für Häuser, die strategisch umbauen oder neu bauen wollen?

Tilmann Götzner: Kurzfristig hohe Risiken: Kliniken müssen investieren, Personal einplanen und Prozesse anpassen – alles auf Basis von Vorgaben, die sich ändern können. Langfristig können diese Maßnahmen erfolgreich sein, aber der Transformationsprozess wird unnötig teuer und komplex. Ohne verlässliche politische Rahmenbedingungen bleibt jedes Projekt ein Wagnis.

Welche Änderungen wären nötig, damit das KHVVG und der Transformationsfonds tatsächlich Chancen eröffnen?

Dr. Matthias Wokittel: Es braucht klare, praxisgerechte Vorgaben und abgestimmte Fördermechanismen zwischen Bund und Ländern. Fristen, Definitionen von Leistungsgruppen und Förderkriterien müssen verbindlich sein. Nur so können Kliniken strategisch planen und gleichzeitig Risiken minimieren. Ohne diese politische Klarheit bleibt Transformation für viele Häuser ein riskantes Unterfangen.

Ihr Fazit?

Tilmann Götzner: Transformation in der Kliniklandschaft ist dringend notwendig und kann große Chancen eröffnen. Doch ohne konsistente politische Vorgaben, verlässliche Förderentscheidungen und realistische Fristen bleibt sie ein Balanceakt zwischen strategischem Fortschritt und wirtschaftlichem Risiko. Bund und Länder tragen eine zentrale Verantwortung, dass aus ambitionierten Gesetzesvorhaben auch umsetzbare Realität wird.

Im Gespräch:
Tilmann Götzner, Geschäftsführer FuturaMed GmbH
Dr. Matthias Wokittel, Mitglied der Geschäftsleitung FuturaMed GmbH

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