Starke Koexistenzen im Krankenhaus: Strategien für die Zukunft im Kontext zur Krankenhausreform

Die Krankenhausreform 2024 markiert einen Wendepunkt für die deutsche Gesundheitslandschaft und stellt Krankenhäuser vor tiefgreifende Veränderungen. Ziel der Reform ist es, die Qualität der Versorgung zu sichern, die Effizienz zu steigern und das System zukunftsfähig zu machen. Allerdings werfen zentrale Elemente wie die Einführung von Leistungsgruppen, die Umstellung auf eine Vorhaltefinanzierung, der zunehmende Fachkräftemangel, die bürokratische Öffnung des Arbeitsmarktes für ausländische Fachkräfte, die mangelnde Investitionsfinanzierung und das unkontrollierte Krankenhaussterben erhebliche Fragen auf. Diese Entwicklungen bergen nicht nur Chancen, sondern auch große Risiken, die kritisch betrachtet werden müssen. Ein zentraler Bestandteil der Reform ist die Einführung von Leistungsgruppen, die dazu beitragen sollen, medizinische Leistungen zu standardisieren und die Spezialisierung in der Krankenhausversorgung voranzutreiben. Krankenhäuser können dadurch ihre Kompetenzen in bestimmten Bereichen ausbauen und eine höhere Behandlungsqualität gewährleisten. Allerdings geht dieser Ansatz mit anspruchsvollen Strukturvoraussetzungen und Mindestmengen einher. Krankenhäuser müssen nachweisen, dass sie über spezifisches Fachpersonal, moderne Ausstattung und ausreichende Fallzahlen verfügen, um bestimmte Leistungen weiterhin anbieten zu können. Gerade kleinere Häuser in ländlichen Regionen, die oft nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen, geraten dadurch unter erheblichen Druck. Die Erfüllung der Mindestmengen erfordert häufig eine Steigerung der Leistungskapazitäten, was zusätzliche Investitionen in Personal und Infrastruktur notwendig macht. Diese Mehrkosten werden jedoch nicht automatisch durch die Reform abgefedert. Die Gefahr besteht, dass kleinere Krankenhäuser ihre Berechtigung verlieren, bestimmte Leistungen anzubieten, was letztlich die Versorgung in strukturschwachen Regionen weiter gefährden könnte.

Die Umstellung auf eine Vorhaltefinanzierung wird als Schritt hin zu einer stabileren Krankenhausfinanzierung gesehen. Anstatt nur auf Fallzahlen basierende Vergütungen zu erhalten, sollen Krankenhäuser für die Bereitstellung von Kapazitäten in der Grundversorgung finanziell unterstützt werden. Dadurch könnten auch selten genutzte, aber essenzielle Leistungen wirtschaftlich tragfähig bleiben. Doch diese vermeintliche Stabilität ist an Leistungsmengen gekoppelt, was vor allem größeren, spezialisierten Häusern zugutekommt. Für kleinere und weniger frequentierte Einrichtungen ist die Vorhaltefinanzierung möglicherweise nicht ausreichend, um ihre Fixkosten zu decken. Diese Abhängigkeit von Mindestleistungen gefährdet den Business Case vieler Krankenhäuser und könnte dazu führen, dass wirtschaftliche Unsicherheit trotz des neuen Finanzierungsmodells bestehen bleibt. Ohne eine zusätzliche Investitionsförderung droht die Reform, bestehende Ungleichgewichte in der Krankenhauslandschaft weiter zu verschärfen, anstatt sie zu beheben. Darüber hinaus entbindet die Reform weder die Regionalpolitik noch die Gesellschafter und Geschäftsführungen der Krankenhäuser von der Verantwortung, eine qualitativ hochwertige Kranken- und Notfallversorgung sicherzustellen und zugleich die Wirtschaftlichkeit der Einrichtungen zu wahren. Es wäre kurzsichtig, Defizite allein durch zusätzliche Steuersubventionen auszugleichen, da dies dringend benötigte Mittel von anderen zentralen Aufgaben wie Bildung, Hochschulen, innerer und äußerer Sicherheit sowie Infrastrukturprojekten abziehen würde.

Der Fachkräftemangel bleibt eine der größten Herausforderungen für Krankenhäuser. In vielen Regionen können Stellen für Pflegepersonal und Ärzte nur schwer besetzt werden, was die Qualität und Effizienz der Versorgung beeinträchtigt. Die geplante Öffnung des Arbeitsmarktes für ausländische Fachkräfte bietet eine Möglichkeit, diesen Mangel abzumildern. Internationale Fachkräfte bringen nicht nur dringend benötigte Kapazitäten, sondern auch neue Perspektiven in die Teams. Dennoch sind mit diesem Ansatz erhebliche Hürden verbunden. Anerkennungsverfahren für ausländische Qualifikationen sind oft zeitaufwendig, und sprachliche sowie kulturelle Barrieren erschweren die Integration. Um diese Potenziale zu nutzen, müssen Krankenhäuser umfassende Integrationsprogramme entwickeln, die sowohl fachliche Unterstützung als auch soziale Begleitung bieten. Krankenhäuser, die diese Herausforderung proaktiv angehen, können langfristig von einer diversifizierten Belegschaft profitieren. Der Aufbau einer internationalen Personalstrategie wird jedoch Zeit und zusätzliche Ressourcen erfordern, die nicht allen Einrichtungen gleichermaßen zur Verfügung stehen.

Ein besonders kritischer Punkt ist das unkontrollierte Krankenhaussterben. Während die Konzentration von Leistungen in hochspezialisierten Häusern medizinisch sinnvoll sein kann, führt die Schließung kleinerer Einrichtungen ohne adäquaten Ersatz zu einer Versorgungslücke, vor allem in ländlichen und strukturschwachen Regionen. Die flächendeckende medizinische Versorgung wird dadurch ernsthaft gefährdet. Patienten müssen längere Wege in Kauf nehmen, was insbesondere bei akuten Erkrankungen wie Herzinfarkten oder Schlaganfällen lebensgefährlich sein kann. Eine gezielte Steuerung durch Clusterbildung und regionale Kooperationen könnte helfen, diesem Risiko entgegenzuwirken. Krankenhäuser, die sich zu Netzwerken zusammenschließen und Ressourcen gemeinsam nutzen, können nicht nur ihre wirtschaftliche Basis stärken, sondern auch die Versorgungssicherheit in ihren Regionen verbessern.

Die mangelnde Investitionsförderung bleibt ein Kernproblem, das durch die Reform nicht adressiert wird. Insbesondere Digitalisierung, Ambulantisierung und telemedizinische Angebote erfordern erhebliche Mittel, die viele Krankenhäuser aus Eigenmitteln nicht stemmen können. Gerade kleinere Einrichtungen sind von dieser Finanzierungslücke besonders betroffen. Ohne ausreichende Investitionen drohen sie, den Anschluss an moderne Versorgungsstandards zu verlieren, was ihre Wettbewerbsfähigkeit weiter schwächt. Krankenhäuser, die innovative Finanzierungsstrategien entwickeln oder gezielt Fördermittel einwerben, könnten sich hier einen entscheidenden Vorteil verschaffen. Dennoch bleibt die fehlende staatliche Unterstützung ein systemisches Risiko, das die Reformziele erheblich gefährdet.

Die Krankenhausreform 2024 birgt sowohl Chancen als auch erhebliche Risiken. Während Elemente wie Leistungsgruppen und Vorhaltefinanzierung die Qualität und Spezialisierung fördern können, drohen sie zugleich, bestehende Ungleichheiten in der Krankenhauslandschaft zu verstärken. Kleine und mittelgroße Häuser sind besonders gefährdet, wenn keine flankierenden Maßnahmen ergriffen werden, um Investitionen zu sichern und die Versorgung flächendeckend zu gewährleisten. Für Krankenhäuser ist es entscheidend, diese Herausforderungen aktiv anzugehen. Investitionen in Digitalisierung, Personalentwicklung und regionale Netzwerke sind notwendig, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Gleichzeitig müssen Krankenhäuser ihre Strategien klar an die neuen Rahmenbedingungen anpassen und Möglichkeiten wie die internationale Rekrutierung von Fachkräften oder die Bildung regionaler Kooperationen nutzen. Die Reform bietet Chancen zur Neuausrichtung, doch ihr Erfolg wird maßgeblich davon abhängen, wie Krankenhäuser und Politik die verbleibenden Lücken in der Finanzierung und Strukturplanung schließen. Nur mit einer klaren Vision und konsequenten Maßnahmen kann die Qualitäts- und Wettbewerbsstärke der deutschen Krankenhauslandschaft nachhaltig gesichert werden, ohne andere zentrale gesellschaftliche Aufgaben zu gefährden.

Autor:
Dr. Matthias Wokittel
Erschienen 2/2025 : www.bibliomedmanager.de

Newsletter Aktuelle Krankenhausnachrichten

Sichern Sie sich jetzt unseren kostenlosen Newsletter und bleiben Sie auf dem Laufenden über aktuelle Entwicklungen im Krankenhausmarkt. Wir informieren regelmäßig über wichtige Fakten, Fristen und Termine.